Predigt am Sonntag, 18.07.2021
Begrüßungsgottesdienst Pfarrerin Ulla Knauer
Predigttext: Lukas 14, 15-24
Vor der Predigt: Hinweis auf Kinderbetreuung.
Liebe Kinder! Bevor ich anfangen darf, zu predigen, freue ich mich, Frau Fiolka nach vorne zu bitten. Sie hat Einiges für euch vorbereitet. Ich wünsche Euch viel Spaß!
Gnade sei mit Euch und Friede mit Gott, unserm Vater und unserem Herrn Jesus Christus.
Liebe Gemeinde, liebe Gäste!
Ich freue mich, heute hier stehen und zu Ihnen reden zu dürfen. Ich will Ihnen für die Predigt 3 Versprechen geben: 1. Sie lernen ein bisschen etwas über mich. 2. Wir hören etwas von Gott. Und 3. Das Ganze hat am Ende eine Botschaft, über die sie mir nach dem Gottesdienst gerne Rückmeldung geben dürfen.
Beginnen wir mit „Erstens“ – Was von der Pfarrerin erfahren. Wie bei anderen Menschen auch, ist mein Leben geprägt von Zeiten und Rhythmen, die kommen und gehen. Tag und Nacht, Laute und ruhige Zeiten, Arbeit und Freizeit, Jahreszeiten und Festtage. In diese Liste kann ich persönlich einfügen: Zeiten mit mehr und weniger Ordnung bzw. Chaos. Wenn Sie bei mir zu Hause spontan zu Besuch kommen würden, wäre ein Dienstag um 14.00 eine höchst ungünstige Uhrzeit. Zwischen halb zwei und halb drei hat das Chaos hinter meiner Eingangstür Hochbetrieb. Es türmen sich Schultasche, Kindergartenrucksäcke, Schuhe, die nicht von alleine in den Schuhschrank wollen, weiter in der Küche Geschirr, Töpfe, Pfannen, Messer und Kochlöffel, die auf den Abwasch warten. In den Minuten, wenn die Kinder nach Nahrungsaufnahme für kurze Zeit in die Zimmer geschickt wurden in der Hoffnung auf ein paar Minuten Ruhe und Herr-werden-Können des Lebensbereichs, das sich Zuhause nennt, kommt es vor, dass ich die Küchentür schließe, bevor die Spülmaschine beladen wird. Hinter der Küchentür kommt dann eine Pinnwand hervor.
Kurze Zwischenfrage - Sie dürfen sie mit Handheben beantworten: Wer besitzt angesichts digitaler Zeiten noch eine Pinnwand, Magnetwand oder magnetische Kühlschranktür zu Hause? -- -- Das ist doch beruhigend.
Auf jeden Fall: Mein Blick wandert hinter die Küchentür auf besagte Pinnwand – und mich strahlt das gemalte Werk einer damals 3-jährigen an. Sie sehen es auf den verteilten Karten in den Bänken. Ein strahlendes Mädchen, mit überlangen Armen, das mir stumm zuruft: „Du bist eingeladen, zu leben! Freu dich mit mir!“ Die Künstlerin hat mir für heute die Erlaubnis erteilt, das Bild mit Ihnen zu teilen. Ich liebe dieses Bild, das eine unbändige Lebensfreude und Kraft ausstrahlt. Warum ich es Ihnen heute zeige. – Naja, jetzt kennen Sie einen Einrichtungsgegenstand aus meiner Küche, aber viel wichtiger: der Predigttext, den ich für heute gewählt habe, hat mich an das Bild erinnert. Wieso und warum, erzähle ich Ihnen nachdem wir auf den Bibeltext gehört haben.
Es folgt Schritt 2: Wir hören etwas von Gott. Und zwar aus dem Lukasevangelium, im 14. Kapitel, die Verse 15-24:
Da aber einer das hörte, der mit zu Tisch saß, sprach er zu Jesus: Selig ist, der das Brot isst im Reich Gottes! 16 Er aber sprach zu ihm: Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu ein. 17 Und er sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, den Geladenen zu sagen: Kommt, denn es ist schon bereit! 18 Da fingen sie alle an, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 19 Und ein andrer sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 20 Wieder ein andrer sprach: Ich habe eine Frau geheiratet; darum kann ich nicht kommen. 21 Und der Knecht kam zurück und sagte das seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen und Verkrüppelten und Blinden und Lahmen herein. 22 Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da. 23 Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und bewirke, dass sie hereinkommen, dass mein Haus voll werde. 24 Denn ich sage euch: Keiner der Männer, die eingeladen waren, wird mein Abendmahl schmecken.
Ja, wir hören von Gott. Gott in einem Gleichnis. Gott als Gastgeber. Gott in Jesus, der mit dieser Gleichnis-geschichte etwas offenbaren will. Jesus, der das Gleichnis als Antwort spricht, auf einen Zuhörer, dessen Namen wir nicht kennen und zuvor zu Jesus sagt: Selig ist, der im Reich Gottes das Brot essen kann! Dieser Zuhörer hat etwas erkannt, erahnt. Dass Jesus in seinen Reden vom Gottesreich spricht, vom himmlischen Königreich, ein Reich, in das so viele gerne kommen wollen, ein Land ohne Schmerz, ohne Krieg, ohne Krankheit, ohne Katastrophen. Sehnsuchtsort damals wie heute. Jesus antwortet auf diese Ahnung des Zuhörers mit jener Geschichte.
Es geht also in erster Linie um Gottes Königreich, weniger um ein angenommenes oder verpasstes Festessen. Doch damit wird es verglichen. Drei Positionen finden wir in der Geschichte: 1. Der Hausherr, der einlädt, zorniger wird und vehementer einlädt. 2. Die Gäste: Die einen, die kommen. Die anderen, die eine Ausrede parat haben. Und 3. Der Bote, der wieder und wieder geschickt wird. Lassen Sie mich zum Hausherr und zu den Gästen kurz etwas sagen. Zum Boten ein wenig mehr.
Der Hausherr hat einen fantastischen Grund zum Feiern. Er will sein Gäste in sein Haus eintreten lassen. Er will Ihnen Anteil geben, an seinem Heim und für sie sorgen. Leib und Seele soll es an nichts fehlen. Er bereitet alles vor, schickt die Einladung raus, und wird enttäuscht. Ob wir seine Enttäuschung nachvollziehen können, wage ich zu bezweifeln, da wir selbst kaum erahnen können, zu was er eingeladen hat. Am ehesten vielleicht noch Kinder. Wie strahlen die Kleinen, wenn sie ihre Gäste zum Kindergeburtstag einladen dürfen, Karten basteln und dem großen Tag hinfiebern. Ist der beste Freund verhindert, krank oder verreist, fließen nicht selten die Tränen. Gar zu schweigen von letztem Jahr, wo landauf landab die Feiern ausfallen mussten, oder abgewogen werden musste wer das Eine oder die Zwei Gäste sein dürfen.
Erstaunlich am Hausherrn: Er ist stur. Er gibt nicht auf. Er bleibt nicht zornig oder beleidigt zurück und schließt die Pforten. Hätte er ja auch machen können, nach den ersten Schwung Ausreden. Nein. Er lädt wieder ein. Und wieder. Und wieder.
Die Gäste: Von denen, die kommen, erfahren wir nicht viel. Nur, dass noch Raum ist für mehr. Die anderen? Ausreden: Das Immobiliengutachten für den Acker ist wichtiger. Die Abnahme des neuen Fuhrparks bzw. der Ochsen ebenso. Und Familie steht eh an erster Stelle. Kein Platz, keine Zeit für noch einen Termin. Schade. Alle drei haben die Einladungskarte nicht richtig gelesen. Nicht verstanden. Es ging nicht um irgendeinen Termin, um irgendein Fest, wo es zwar schade aber nicht schlimm ist, nicht dabei zu sein. Es war ihre Eintrittskarte in Gottes Königreich.
Drittens, der Bote und damit auch die Botschaft.
Wir erfahren nicht, wie er heißt. Wir erfahren nicht, ob es ihm Spaß macht, das Überbringen der Botschaft. Wir hören kein Stöhnen. Wir hören kein Jubeln. Wir hören nur, dass er das tut, um was ihn sein Herr bittet. Vielleicht fällt es ihm schwer, beim dritten Mal wieder rauszugehen, noch weiter zu wandern, Fremde anzusprechen, freundlich zu bleiben. Aber all das fragt der Text nicht. Der Text beschreibt: Er tut es. Der Herr bittet. Und er geht. Er geht und er versucht es nochmal. Einladen, auffordern, begegnen. Und hier möchte ich nicht außer Acht lassen, dass der Ton des Herrn sich verändert und dringender wird. Zuerst hören wir: „Sag ihnen, kommt, denn es ist schon bereit“ Dann heißt es „Geh schnell und führe sie“. Und die dritte Steigerung „Geh noch weiter raus und bewirke, dass sie hereinkommen.“ Das griechische Verb lässt sich nicht nur mit „bewirken“ oder „daran arbeiten“ auch übersetzen mit nötigen und zwingen. Das ist leider zu oft in der Vergangenheit passiert. Wir alle kennen, die leidvolle Geschichte der Zwangsmissionierungen in vergangenen Jahrhunderten. Doch wenn wir ehrlich sind und an den Chef denken, Gott und Jesus, und nur einmal überdenken würden: Hat er jemals gezwungen? Nein. Er lädt ein. Er lädt eindrücklich ein. Mit Wundern und Zeichen. Doch selbst Petrus hat er die Wahl gelassen. Damals am See Genezareth: „Komm! Folge mir nach!“ (Mk 1,17) Zwang gehört nicht zu Jesus. Und kann nicht zur Kirche gehören. Darum möchte ich das hier eher so übersetzen: Bewirke, dass sie hereinkommen. – Verhalte dich so, dass sie gerne kommen. – Erläutere ihnen, wie wichtig es wäre, dass sie kommen. – Streng dich an, Bote, dass die Botschaft gehört wird.
Der Bote hat keinen Namen. Insofern können wir alle genannt sein. Einladen, zu Gottes Reich. Einladen, mit Gott zu feiern. Einladen, Gott kennen zu lernen. Einladen und von Gott erzählen. Klar, Pfarrer und Pfarrerinnen gehören zu den Boten. Diakone und Religionspädagogen, Gemeindereferenten, Erzieherinnen und Freizeitleiter in kirchlichen Einrichtungen. Aber nicht nur. Jeder, der sein Kind hat taufen lassen, hat versprochen, sein Kind einzuladen zum Glauben. Jeder, der ein Patenkind, hat ein Versprechen gegeben. Jeder, der in der Kirche ein Ehrenamt ausübt, ist gleichzeitig Botschafter. Zurück zur Frage, macht er das gerne? Es steht nicht da. Ich denke, es steht nicht da, weil es nicht wichtig ist. Diese Frage hatte sich bereits viel früher gestellt. Mit der Entscheidung als Bote für seinen Herrn zu arbeiten. Es gibt sie, die besonderen Dienstverhältnisse und da gehört manches dazu. Zum Glück müssen wir den Arzt nicht fragen, ob er denn heute Nacht seine Schicht gerne macht. Und auch nicht die Polizisten und die Feuerwehr. Sie tun es, weil sie sich dafür entschieden haben. Oder auch ein Bürgermeister. Herr Volleth, schön, dass Sie – und alle anderen - heute hier sind. Mit der Entscheidung für jenes Amt, ist für einen Bürgermeister klar, dass viele Wochenend- und Abendtermine auf ihn oder sie warten. Er oder sie hat sich vorher entschieden. Auch ich habe mich schon vor Jahren für das Predigtamt entschieden und will es gerne machen. Und das ist der entscheidende Punkt, womit ich zurück zur Karte komme, die Sie auf Ihrem Platz finden. Nicht ob wir losgehen und einladen. Losgehen und Kontakt suchen zu Menschen, deren Name wir bislang nicht kannten. Nicht ob. Sondern wie, ist die Frage. Wie gehe ich zu den Menschen. Mit welcher Ausstrahlung, mit welchem Gesicht. Mit welchen Worten. Wie erscheine ich, so dass sich andere willkommen fühlen und mitkommen. Freiwillig. Gerne.
Und darum dieses Bild. In der Küche strahlt mich dieses Gesicht an. „Willkommen im Leben. Schön, dass du da bist!“ Mit diesen überlangen Armen und unbändiger Freude. Und selbst nach dem 200. Mal rufen: Räum deine Schuhe weg! – schmunzelt ein kleines Lächeln über mein Gesicht beim Anblick dieses Kindes. Und wenn man in Erlangen einen Spaziergang macht, und am Heinrich-Kirchner-Garten vorbeikommt, findet man eine ganz ähnliche Geste. Sie finden die Skulptur fotografiert auf der Rückseite. Die Figur wurde 1980 erschaffen. Sie ist knapp 4 Meter hoch. Und sie hat eine Inschrift, die lautet: „Bote singt laut das Lied von Liebe und Freundschaft und Freiheit“.
Vier Meter groß werde ich nicht mehr wachsen. Und ein sechster Finger wird mir auch nicht mehr geschenkt. Doch ich hoffe sehr, hier in der Johannesgemeinde ein Bote sein zu dürfen, der täglich die Einladung ausspricht zu Liebe, Freundschaft und Freiheit, die man hier finden kann. Hier (aufs Kreuz weisen) unter unserem Herrn.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist, als alle unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
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