Predigt 2. Sonntag nach Trinitatis 21. Juni 2020 Johanneskirche Alterlangen
Matthäus 11, 25-30
25 Zu der Zeit fing Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies Weisen und Klugen verborgen hast und hast es Unmündigen offenbart.
26 Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen.
27 Alles ist mir übergeben von meinem Vater, und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.
28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.
29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.
Liebe Gemeinde,
I Wanderprediger mit Charisma
Kommt her zu mir, alle…
eine verlockende Einladung…
das klingt wie „Lasset die Kinder zu mir kommen…“ (Markus 10, 14) oder
„Wer da dürstet, der komme zu mir und trinke…“
(Joh. 7,37)
Ich sehe vor mir die Landschaft von Galiläarund um den See Genezareth,
manche von uns werden schon einmal da gewesen sein,
Orte wie Magdala, Kana, Tiberias klingen vertraut,
Kapernaum, die Heimat von Simon Petrus…
die Jünger, die Jesus um sich scharte,
hatten hier gelebt, bevor Jesus ihnen zurief:
„Folgt mir nach!“
Unsere Gemeinde war vor 11 Jahren hier unterwegs,
(vielleicht erinnern sich manche)
am Ufer des Sees feierten wir Gottesdienst,
dort, wo Jesu berühmteste Rede, die Bergpredigt, verortet wird.
Hier war Jesus von Nazareth
als Wanderprediger mit seinen Jüngern unterwegs.
Bei den Menschen in den Städten und Dörfern sprach es sich schnell herum,
wenn dieser Jesus mit dem besonderen Charisma in der Nähe war.
„Charisma“ – Was meine ich damit?
7 Alles ist mir übergeben von meinem Vater, sagt Jesus,
und niemand kennt den Sohn als nur der Vater;
und niemand kennt den Vater als nur der Sohn
und wem es der Sohn offenbaren will.
Jesus war im Namen Gottes, seines Vaters unterwegs.
auch für die Menschen damals muss das spürbar gewesen sein,
28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid…
Jesus interessierte sich für die Mühen und Lasten der Menschen
und ihm ging es nicht um die Weisen und Klugen,
die Angehörigen der jüdischen Oberschicht,
die ihre Tora kennen, die über Recht und Gesetz wachen
und sich durch ihr gesetzestreues Leben besonders „Gott gefällig“ fühlen.
Den Weisen und Klugen blieb es verborgen, sagt Jesus.
Er will es den Unmündigen offenbaren, den Unwissenden,
den in religiösen Dingen weniger Bewanderten,
den einfachen Menschen in Galiläa,
Bauern und Handwerker, Fischer,
Witwen und Waisen, Zöllner und andere Randgruppen.
Zu ihnen ist Jesus gesandt
Das war sein Auftrag, so wollte es der Vater.
Dafür preist Jesus ihn, den Herrn des Himmels und der Erde.
II Mühen und Lasten und der Heilandsruf
Kommt her zu mir, alle, ich will euch erquicken,
will euch quicklebendig machen
Ich will euch stärken, aufmuntern, aufbauen.
Solch eine Zusage könnte so vielen guttun, auch heute …
Der Alltag macht uns zu schaffen.
Wir müssen funktionieren in Schule, Familie und Beruf.
Wir sollen alle Corona-Sicherheitsvorkehrungen einhalten
und dabei den Menschen, die sie betreffen, gerecht werden.
Ständig sind wir beschäftigt,
den Anforderungen von verschiedenen Seiten zu genügen
und auch den eigenen Ansprüchen.
Nebenbei bemerkt:
Es gibt auch Lasten, die wir lieber nicht schultern sollten,
nicht alles müssen wir uns aufladen…
Aber die Lasten des Lebens machen uns zu schaffen.
Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Einsamkeit, Tod,
Schuld, die Vergangenheit und die Zukunft…
Ich will euch erquicken, sagt Jesus,
Da ist einer, der will uns stärken, aufmuntern, aufbauen,
Endlich wird uns wieder leichter.
Wir sind unseren Lebenslasten nicht hilflos und unabänderlich ausgeliefert.
Ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen.. – Das ist wie Wellness pur!
„Heilandsruf“ ist dieser Aufruf in der Lutherbibel überschrieben,
nur bei Matthäus ist er zu lesen.
III Das ungeliebte und das geliebte Joch
Mir gingen diese Zeilen aus unserem Predigttext
nicht immer so leicht über die Lippen…,
ich hatte mit ihnen auch meine Schwierigkeiten.
29 Nehmt auf euch mein Joch….
das klingt nach Zwang und Unterdrückung,
nach Menschen oder ganzen Völkern,
die unter ein Joch gezwungen werden…
Nehmt auf euch Jesu Joch…
Ein Joch will ich nicht tragen. Ich will mich nicht unterjochen lassen.
Ich will frei sein. Selbst bestimmen. Das waren meine Gedanken…
Manche Juden haben sich unter das Joch der Tora
mit ihren unzähligen Vorschriften gezwungen gefühlt:
Jesus geht mit seinen hungrigen Jüngern am Sabbat an einem Kornfeld vorbei.
Sie raufen ein paar Ähren aus und lassen sie sich schmecken.
Sie kommen im nächsten Ort in die Synagoge
und Jesus heilt den Menschen mit der verdorrten Hand - am Sabbat.
Es heißt im Gesetz: Du sollst den Feiertag heiligen.
Also auch nicht das Geringste tun, darauf bestehen die Schriftgelehrten. -
Die Tora kann zum Joch der unbedingten Gesetzestreue werden.
Jesus meint, man darf auch am Sabbat Gutes tun (Matth. 12, 12)
Jesus tut, was den Menschen angemessen ist,
seinen hungrigen Jüngern und dem Kranken.
Jesus wagt, das Gesetz zu durchbrechen –
Er weiß, dass Gottes Gebote dem Leben dienen sollen
und nicht um ihrer selbst willen da sind.
Nehmt auf euch mein Joch….
So ein Joch ist eine großartige Erfindung.
Es ist ein Hilfsmittel, um Dinge leichter zu tragen.
Es ist eine Holzstange, die man über Schultern und Nacken legt
an den Enden ist sie mit zwei Haken versehen,
in die man z.B. Wassereimer einhängen kann.
Mit Hilfe eines Jochs können Menschen Lasten tragen
oder Tiere Lasten ziehen, z. B. Ochsen einen Pflug.
Das Schwere wird tragbar und erträglich.
Und ein Joch verbindet zwei miteinander,
z. B. zwei Pferde ziehen einen Wagen.
„Nehmt auf euch Jesu Joch …“
Nicht einer trägt, sondern zwei teilen sich die Last.
Jesus verspricht uns nicht den Himmel auf Erden.
Er sagt nicht: Ich nehme dir alles ab;
deine Pflichten, deine Sorgen, Schmerzen und Leid.
Aber er ist bereit, mit zu leiden und zu tragen,
und er schlägt uns einen Weg vor, wie wir mit den Lasten unseres Lebens fertig werden:
Lernt von mir….
IV Von Jesus lernen
Lernt von mir, spricht der Wanderprediger,
denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.
Eine Art Motto, vielleicht könnten wir es übernehmen?
Sanftmütig sein heißt mit sanfter Art, ohne Gewalt auskommen,
demütig kommt von „dienmütig“,
heißt mit dienender Gesinnung leben.
Sanftmut und Demut -
So klingt die Botschaft der Bergpredigt,
sie geht bei Matthäus unserem Predigttext voraus.
Sie gilt als Summe der Lehren Jesu für das Reich Gottes,
das ja einerseits noch in der Zukunft liegt.
Aber andererseits können wir es schon heute erleben.
Sanftmut, also Gewaltfreiheit, Abrüstung beginnt mit Worten,
Stichwort „gewaltfreie Kommunikation“.
Demut steht uns gut zu Gesicht,
auch in der Corona-Pandemie,
Stichwort Verantwortung und Rücksicht.
Mit Sanftmut und Demut wird schon manches leichter.
…lernt von mir…
Lernen wir von Jesus,
anders mit unseren Lasten umzugehen.
„Einer trage des andern Last“,
so formuliert es Paulus im Sinne von Jesus (Galater 6, 2).
Ich muss die Lasten nicht alleine tragen.
Schaue ich mich um!
Vielleicht sehe ich andere Lastenträger,
die mit mir gehen und ich mit ihnen.
Lernen wir Gewichtsverlagerung auf mehrere Schultern,
auch dafür gibt es Gemeinde.
„Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch“, steht im Psalm (68, 20).
Lernen wir Gewichtsverlagerung in Gottes Hand.
Sprechen wir aus, was uns belastet.
Reden wir mit Gott darüber –
im Gebet, auch das hat uns Jesus gelehrt.
Darin werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen,
das wird euch erquicken, eure Kraftquelle sein.
V Gewichtsverlagerung auf Jesus
Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.
Noch einmal tue ich mich schwer:
Kann ein Joch trotz aller Erleichterungen wirklich sanft sein?
Ist eine leichte Last nicht ein Widerspruch in sich?
Ist das das beschönigende, versöhnliche Ende?
Vielleicht ist dieser letzte Satz in seiner Widersprüchlichkeit
ein Hinweis auf Kommendes:
Das Joch ist sanft, die Last ist leicht – für uns,
weil Jesus unsere Last zu seiner Last gemacht hat:
27 Alles ist mir übergeben von meinem Vater, sagt Jesus.
Das erhält dann noch eine zweite Bedeutung:
übergeben vom Vater ist Jesus Leiden, Sterben und Tod – und Auferstehung.
Noch ist Jesus der Wanderprediger in unserem Predigttext,
er nennt sich Gottes Sohn
und erscheint in Galiläa wie ein Heiland.
Die Menschen hängen an seinen Lippen,
trinken aus der Quelle des Lebens.
Er verspricht uns nicht den Himmel auf Erden,
aber er geht mit uns im selben Joch
und schenkt uns bis heute seine Worte und sein Leben.
Hören wir ihn noch einmal, den „Heilandsruf“:
28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid;
ich will euch erquicken.
29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir;
denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig;
so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.
Amen
Prädikantin Friedegard Brohm-Gedeon
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