Predigt vom 18. Februar 2024

Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, 39weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.

 

Liebe Gemeinde!

 

Die Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn. Nichts kann uns davon trennen. Ach ja, wenn wir verstehen, dass wir mit dieser Liebe verbunden sind, immer, dann gelingt unser Leben: Weniger Angst, mehr Zuversicht. Weniger Gegeneinander, mehr Miteinander. Weniger Ich, mehr Wir. 

 

Die Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist: Was ist damit eigentlich gemeint? Was ist das denn für eine Liebe? Da gibt es unglaublich viele Antworten, klar. Wir kommen weit, wenn wir uns an die Geschichten halten, die von Jesus Christus überliefert sind. Einfach ist das mit den Geschichten von Hilfe und Heilung – wir haben in den vergangenen Gottesdiensten in den Seniorenheimen da in großer Bewegung die Geschichte von der Heilung und Aufrichtung einer gebeugten Frau gehört.

 

Ich probiere es heute einmal mit einer Geschichte, die für dieses Thema nicht naheliegt. Weil diese Geschichte uns von unserem Sonntag heute vorgegeben ist. Der erste Sonntag der Passionszeit ist es heute, wir gehen mit auf dem Leidensweg Christ. Wir bedenken seine Passion. Seine Passion für seine Menschen. Nicht so, dass uns nun alles erspart bliebe. Das ist nicht der Fall, das wissen wir. Aber so, dass wir Hilfe erhalten zum Durchkommen, wenn wir in seinen Fußstapfen laufen. Es wird zu Beginn der Passionszeit als allererste Geschichte die Versuchungsgeschichte erzählt. 

 

Ich erzähle sie nach, diese Geschichte. Hoffentlich so, dass Sie sich da drin finden können – ob Sie nun alleinstehend sind oder ein Paar, ob Sie sich nach einer Partnerschaft sehnen oder ganz gut so zurechtkommen, wie sie sind, ob Sie glücklich lieben oder unglücklich… 

 

Wir gehen mit Jesus in die Wüste. Kein Ort zum Leben. Zu heiß. Also tagsüber. Nachts zu kalt. Es wächst nichts in der Wüste. Nichts. Es gibt keinen Baum, der Schatten spendet und es gibt keinen Baum, der Früchte hätte. Ja, in der Wüste gibt es nur Schatten hinter Felsen, aber nicht unter einem Baum. Und es gibt kein Essen. Jesus wurde vom Geist dorthin geführt, heißt es. Und fastet dort. Verzichtet auf das Essen, ganz und gar. Und hat Hunger. Da kommt ein Mann zu ihm, freundlich und gebildet. Er weiß, wer Jesus ist, ja er kennt Jesu Macht. „Bist du Gottes Sohn,“ so sagt er, „dann mach doch Brot aus diesen Steinen.“ 
Nichts leichter als das für Jesus, - wird er doch später den vielen, vielen Essen geben aus fünf Broten und zwei Fischen? Wird er dann nicht für sich selbst erst recht etwas zu Essen zaubern dürfen? Steht ihm das nicht zu als Sohn Gottes?
Steht es uns denn nicht zu, auf Teufel komm raus aus der Erde herauszuholen, was wir nur herausholen können? Hat Gott selbst uns doch gesagt „Macht euch die Erde untertan?“ Mit Chemikalien Gold lösen, mit Fracking Gas herauspressen, mit Nitraten und Pestiziden Erträge vervielfachen? Steht es uns nicht zu, vom Liebespartner zu verlangen „wenn du mich wirklich liebst, dann tust du, was ich will!“

Die Betriebswirtschaftler nennen das die „Gegenwartspräferenz“. Die meisten Menschen verdienen lieber jetzt 200.-€ als in 10 Jahren 2.000.-€. Die meisten Firmen wollen JETZT eine Dividende für ihre Aktionäre und nicht noch Jahre warten. Wir wollen JETZT einen tollen Urlaub – wie sich das auf das Klima auswirkt in 10 Jahren – ach, das versteht doch sowieso keiner… Diese „Gegenwartspräferenz“ gibt es auch in der Liebe: JETZT will ich und was der andere davon hält – wenn er mich wirklich liebt, macht er mit!

Jesus weist diese Versuchung ziemlich cool zurück: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein – der Mensch lebt nicht von vordergründiger Befriedigung – Liebe ist mehr als Bedürfnisbefriedigung und Essen ist mehr als Fast Food.

„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“ 1 zu 0 steht es für Jesus. Nun denn - der Teufel ist gebildet. Wort Gottes – das kann er auch. 

Es schnappt sich Jesus – husch, sind sie aus der Wüste weg, mitten in Jerusalem, der heiligen Stadt, dort am Heiligen Ort und hohen Bauwerk. Sie stehen oben auf dem Tempel. Und es geht richtig hinunter.

Interessant, dass Jesus sich nicht dagegen wehrt, er fliegt einfach mit. Teilt das menschliche Schicksal, das nun mal Versuchungen vorsieht. (Und Versuchungen – das ist nicht so billig wie „nehm doch die Schokolade!“)

Nun bringt der Teufel selbst das Wort Gottes ins Spiel: „Wirf dich herab, es steht doch geschrieben: Die Engel werden dich auf Händen tragen!“ „Wirkliche Liebe, die ist immer toll“ „Wirkliche Liebe bedeutet, dass wir immer alles gemeinsam machen!“ „Wenn Gott wirklich Gebete erhört, dann muss ich die Prüfung bestehen, ich habe sehr viel dafür gebetet!“ Und so weiter… Vordergründig aalglatt, kann man gar nichts dagegen sagen. Jesus hebelt diesen Versuch ganz direkt aus, Bibelwort gegen Bibelwort, aber das seine ist eben passend. Wird dem Ort gerecht. Ja, eigentlich einfach dem gesunden Menschenverstand: Was soll das, ohne Not vom Tempel zu hüpfen? Was soll das, zu meinen einen anderen Menschen nach deinen Wünschen formen zu wollen? Was soll das, von der Liebesbeziehung alles zu erwarten, aber nichts dafür zu geben? Was soll das, nicht zu lernen und dann auf ein Wunder zu hoffen? „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“ Ja. So kann man gesunden Menschenverstand auch umschreiben.

So, nun wird der letzte Versuch gestartet. Schon ziemlich plump. Und ein bisschen kurzsichtig: Wieder schnappt der Teufel sich Jesus, diesmal fliegen sie, zack, auf einen sehr hohen Berg. Alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit sind hier ausgebreitet. „Das kriegst du – wenn du mich anbetest!“ Ich habe schon den Eindruck, dass der Teufel hier leicht irre wird. Gehört denn nicht die ganze Welt schon dem Gottessohn? Wie will er ihm denn etwas geben, was ihm schon gehört? Aber ja, der Gottessohn wird nun den Leidensweg gehen, wird Blut und Tränen schwitzen, wird nicht wunderbar gerettet von den himmlischen Heerscharen, wird sterben. Dass alle Reiche dieser Welt ihm schon gehören, das ist unsichtbar. So unsichtbar, wie uns unsere Freiheit oft ist. So unsichtbar, wie Gott für uns ist. So weit weg. Wie gerne beten wir dann ein goldenes Kalb an, ob das nun Auto heißt oder Geld oder Jugend oder Schönheit. 

Ob Jesus wirklich weitersehen kann? Das Unsichtbare sehen kann? Weiß, dass ihm doch alles schon zu Füßen liegt? Fast sieht es nicht danach aus. Er braucht dieses Wissen jedenfalls nicht für seine Antwort. Die ist wieder einfach schlicht: „Gott allein sollen wir anbeten.“ Dieser schlichte Hinweis schenkt uns den entscheidenden Maßstab. Gott alleine anbeten. Auch für Liebende ein guter Hinweis: Kein Sockel für den Partner. Freude übereinander ja. Aber keine Überhöhung, das tut auf Dauer nicht gut. Ja, die Grenze zwischen Schöpfer und Geschöpf wissen und einhalten, sich selbst nicht an Gottes Stelle zu setzen – das bewahrt die entscheidenden Maßstäbe – so können wir menschlich bleiben.  

 

 

Die Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist, unserem Herrn – ich hoffe, Sie konnten diese göttliche Liebe auch in der Geschichte von Jesu Versuchung erkennen. Die göttliche Liebe – das ist eine Liebe, die frei macht. Frei von vorschneller, billiger Bedürfnisbefriedigung. Frei von unrealistischen Vorstellungen. Frei von falschen Herren. 

Wie gut, dass uns von dieser Liebe nichts trennen kann – immer haben wir Zugang zu ihr.

Diese Liebe, die frei macht, die belebt uns. In allen unseren Beziehungen. Zu uns selbst, zu anderen, ob es Nachbarinnen sind oder Bekanntschaften, ob es Freundinnen sind oder Sportkollegen, ob es ein Herzensmensch ist, mit dem ich gehe oder ein Kumpel – Gottes Liebe belebt unsere Beziehungen. 
Und: Sie trägt uns durch den Tod hindurch in neues Leben. 

 

Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, 39weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.

 

Amen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

 

Pfarrerin Dr. Schnupp

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