Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus… Amen.
In der Stille um den Segen des Wortes beten…
Herz für dein Wort und ein Wort für mein Herz Amen.
Liebe Aschermittwochsgemeinde!
Jetzt -
Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade!
Jetzt –
Jetzt ist er da, der Tag der Rettung!
Gnade und Rettung – jetzt. Hier. Heute.
Vielleicht denken Sie ja nun: Wie bitte?! Die ist spinnt schon ein bisschen! In diesen Tagen – und da kann man ja so viel aufzählen – ich tue es gerade nicht, werde später noch das eine oder andere ansprechen – Aber in diesen Tagen nun wirklich zu meinen „Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade! Jetzt ist er da, der Tag der Rettung!“ – Noch zu hoher Restalkohol vom Fasching??? Pure Selbstüberschätzung???
Nun, ich muss zugeben, dass ich selbst mich nie getraut hätte, mich so hier hinzustellen und das zu sagen. Ich hänge mich an. An einen Größeren. An Paulus hänge ich mich, an das, was er schreibt an die Gemeinde in Korinth. Und an die Gemeinde in Alterlagen, die ökumenische Gemeinde vom Aschermittwoch. Paulus schreibt im 2. Brief an die Gemeinde in Korinth am Ende des 5. und zu Beginn des 6. Kapitels:
Wir sind also Gesandte an Christi statt und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!
Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden.
Als Mitarbeiter Gottes ermahnen wir euch, dass ihr seine Gnade nicht vergebens empfangt. Denn es heißt:
Zur Zeit der Gnade habe ich dich erhört, / am Tag der Rettung habe ich dir geholfen.
Siehe, jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; siehe, jetzt ist er da, der Tag der Rettung.
(2. Kor 5,20-6,2)
„Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade! Jetzt ist er da, der Tag der Rettung!“
Also, wir haben dieses gewaltige Versprechen von Paulus selbst und wollen nun mal gucken, was es für uns bedeuten kann in diesen Tagen.
Da kam vor kurzem diese Studie heraus, die nun auch der evangelischen Kirche bescheinigt, dass es in allen ihren Landeskirchen in Deutschland sexualisierte Gewalt gegeben hat. (Und sicher auch nach wie vor gibt.)
Was kann in diesem Zusammenhang denn nun der „Tag der Rettung“ sein oder „die Zeit der Gnade“?
Da ist es ganz klar wichtig, wahrzunehmen, was ist. Schon dazu war die Studie gut. Und dann eben auch Konsequenzen zu ziehen. Dazu wird es gehören, dass Betroffene darauf vertrauen können, dass sie Ohren finden, die ihnen zuhören. Informierte Ohren, die dann auch ansatzweise wenigstens wissen, wie Hilfe geholt werden kann.
Zeit der Gnade ist für die Betroffenen, dass sie nun -endlich, endlich! - Ohren finden.
Für die Täter wird die Zeit der Gnade ein ganz deutliches „Stopp“ sein. Das wird meistens zuerst einmal von außen kommen müssen. Wenn alles gut geht, wird es auch im Inneren zu Buße und Umkehr führen.
Für uns als Gemeinde bedeutet die Zeit der Gnade, dass wir hell-hörig werden. Unsere Ohren spitzen. Und deutlich machen: Wir wollen keine sexualisierte Gewalt unter uns dulden. Dazu gehört ein bisschen Information. Es müssen nicht alle Spezialistinnen und Fachleute werden für den Umgang mit sexualisierter Gewalt, aber wir alle müssen eine Idee haben, wo wir anfragen können, um Hilfe zu holen. Die Heinrichsgemeinde ist hier schon sehr weit, auf der Homepage ist unter dem Stichwort „Aktuelles“ auch der Hinweis „Miteinander achtsam leben“ zu finden mit ganz viel Informationen. So etwas steht bei der Johannesgemeinde noch aus. Wir arbeiten dran.
Zeit der Gnade für uns als Gemeinde bedeutet, dass wir das evangelische Pfarrhaus als Lebensort schätzen und das Zölibat als eine Form der Lebenshingabe. Und gleichzeitig ganz klar machen: Gewalt und Missbrauch haben da nichts zu suchen, wer da irgendwie komische Erfahrungen macht, findet Gehör und Hilfe.
„Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade! Jetzt ist er da, der Tag der Rettung!“
Ein gewaltiges Versprechen. Danke Paulus!
Gilt es auch für alles, was uns so Angst machen kann, vom Krieg bis zum Klimawandel?
Ja, ich merke, dass es mir gut tut, so eine Zusage zu hören: jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade. Jetzt ist der da, der Tag der Rettung!
Ich darf vertrauen auf Gnade und Rettung. Das hilft mir erstmal, aufzustehen am Morgen und nicht im Bett zu bleiben und die Decke über mich zu ziehen. Heute – Gnade. Heute – Rettung.
Ja, ich lebe im Vorläufigen. Ich werde später das Aschekreuz auf der Stirn erhalten und es erinnert mich, dass ich aus Staub gemacht bin und Staub werde. Und gleichzeitig erinnert es mich daran, dass ich, dieser Staubhaufen, noch eine ganz andere, wunderbare Perspektive habe: Ein ewiges Haus im Himmel gibt es für mich. So schreibt es Paulus am Anfange unseres Kapitel 5 aus dem 2. Korintherbrief. Ein ewiges Haus für mich. Und, damit ich das nie vergesse, den Heiligen Geist als ersten Anteil dieser wunderbaren, lebensvollen Perspektive.
So kann ich aufstehen am Morgen, die Decke zurückschlagen, leben als eine, der Gnade und Rettung zugesagt ist. Und die deshalb auch Ausschau halten kann nach Gnade und Rettung. Das ihre tun. Aber auch meine Grenzen erkennen – und nicht aufhören, Gott zu bitten um Gnade und Rettung.
Und danken für den Heiligen Geist.
Diesen Geist, der uns das Lachen lehrt – und das ernste Zuhören. Diesen Geist der Lebensfreude – und der freiwilligen Askese. Diesen Geist der Genuss vertieft und Zurückhaltung stärkt. – Wie Sie merken, binde ich gerade Fasching und Aschermittwoch zusammen: Es ist eben nicht das eine schlecht und das andere gut. Sondern beides gehört zum Leben. Immer gilt es, zu beachten, dass wir nicht auf Kosten anderer Witze machen oder auf Kosten anderer leben. Immer hilft uns Gottes Geist dazu. Gibt uns das Haus im Himmel als wunderbare Perspektive, hier auf der Erde nicht zu verzagen, sondern immer wieder neu zu beginnen, neu aufzustehen: „Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade! Jetzt ist er da, der Tag der Rettung!“
Deshalb mag ich das Aschekreuz, dass mich erinnert, dass ich Staub bin. Und das Jesuswort dazu „Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium“ – das heißt ja: „Die Zeit der Gnade ist da. Vertraue darauf.“
Amen.
Und der Friede Gottes, …
Pfarrerin Dr. Bianca Schnupp
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