Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.
Wir bitten in der Stille um den Segen des Wortes: Gott, gib mir ein Wort für mein Herz und ein Herz für dein Wort. Amen.
Liebe Gemeinde!
I
Geht es Ihnen auch so, dass Sie Zurückweisungen viel leichter und schneller wahrnehmen als Zusagen? Dass das Abweisende schnell gespürt wird und das Annehmende oft nur selbstverständlich hingenommen wird, aber nicht wirklich gewürdigt wird? Mir jedenfalls liegt diese Gefahr nahe. Auch bei unserem Predigttext habe ich sofort die Zurückweisungen wahrgenommen. Und die Zusagen erst nach einiger Meditation des Textes.
Um nun genau nicht in die Falle zu tappen, die Negation zu stark herauszuheben, fange ich mit den Zusagen an. Und die sind, wenn man drüber nachdenkt, wirklich stark:
Da sagt der Auferstandene zu den Seinen ganz schlicht und klar: „ihr werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden“. „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der wird über euch kommen, ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde“ „Werdet“ heißt es, keine Bedingung dazu. Das wird passieren. Punkt.
Ich empfinde das als sehr stärkend, dieses schlichte Versprechen: Du wirst die Kraft des Heiligen Geistes empfangen. Es wird geschehen, ja es geschieht immer wieder. Wir sind unterwegs als Zeuginnen und Zeugen für Jesus Christus.
Ich lasse es mir nicht von den „Zeugen Jehovas“ klauen, dieses schöne Wort: Aus eigener Erfahrung etwas weitergeben. Da fühlt sich eine wohl in ihrer Jugendgruppe und lädt andere dazu ein. Da singen welche gemeinsam und andere kommen dazu. Es gibt Kaffee in einer netten Runde und dann übernimmt eine daraus das nächste Mal das Kaffeekochen. Mir ist eine biblische Geschichte ans Herz gewachsen, ich erzähle gerne davon. Ich wurde getragen von anderen und trage auch. Und so gibt es vieles, was gewirkt wird in der Kraft des Heiligen Geistes. Eine gute Zusage.
II
Um die Zusagen gut zu verstehen, müssen wir uns nun auch dem Abweisenden widmen.
Beim Mahl sitzt der Auferstanden mit den Seinen zusammen. Gibt ihnen konkrete Hinweise: Bleibt erstmal in Jerusalem. Wartet auf den Heiligen Geist. Die wüssten gerne noch mehr und ich kann sie so gut verstehen. Sie formulieren ihre Sehnsucht: „Wirst du dann, nach diesen wenigen Tagen, wirst du dann das Reich für Israel aufrichten?“ Wird dann alles gut sein, die Römer verjagt, Freiheit und Heil für unser Volk gegeben?
Die Frage wird nicht beantwortet, sondern abgewiesen. Wobei Luther zu hart übersetzt „Es gebührt euch nicht zu wissen…“ – das ist eine Eintragung. Wörtlich heißt es einfach „es ist euch nicht zu wissen…“ – geht im Deutschen schlecht, die Basis Bibel übersetzt deshalb „ihr braucht nicht zu wissen…“ Also ja, es ist eben nicht unser Bereich, unser Thema, unsere Sache, unsere Aufgabe – Zeit oder Stunde zu wissen – unser Thema, unser Bereich, unsere Sache und Aufgabe ist es, Zeuginnen und Zeugen zu sein. Das Gute, das wir von Gott empfangen haben, weitergeben in der Nähe und in der Ferne.
Die zweite Abweisung ist durchaus ähnlich:
Da gucken die Zurückgebliebenen hoch in den Himmel. Das Sehen, es ist unserem Text ganz wichtig „er wurde vor ihren Augen emporgehoben“, „eine Wolke nahm ihn auf, als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen…“ – Das Sehen ist ganz wichtig im Text – und wird dann aber komplett zurückgewiesen: „Was steht ihr da und seht gen Himmel?“ „Was guckst du?“ Da seht ihr genau nichts. Erst dann, eines Tages, dann wenn alles, alles gut wird, dann kommt Jesus wieder aus dem Himmel – aber Eure Aufgaben jetzt sind andere als in den Himmel zu starren.
Nee, verlasst Euch auf den Heiligen Geist und legt los.
III
Wir haben Ostern gefeiert. Uns gefreut, dass Gott Jesus Christus auferweckt hat von den Toten. Wir haben dabei auch verstanden, dass Jesus Christus in der Zeit nach seiner Auferweckung anders da war als zuvor. Nicht mehr wirklich körperlich, nur gelegentlich sich verkörpernd. Nicht kontinuierlich auf der Erde unterwegs, sondern nur gelegentlich erscheinend. Oft auch im Moment des Erkennens schon wieder verschwindend.
Mit dem Fest Himmelfahrt geht es weiter: Nun ist klar, der Auferstandene ist nicht mehr an einen irdischen Ort gebunden, sondern überall. Auf der ganzen Welt und im ganzen Universum da.
An Pfingsten kommt der nächste Schritt: Unsichtbar, aber mächtig, wie Atem und Wind ist Gott nun bei uns.
Wer mag, kann in dieser Entwicklung menschheitliche Grunderfahrungen entdecken. Ich habe es immer wieder gehört, dass ein geliebter Mensch, der stirbt, seinen Angehörigen noch eine ganze Weile immer wieder einmal besonders nahe ist. Es gibt eine Zeitlang eine besondere Nähe. Wie die Zeit zwischen Ostern und Himmelfahrt für Jesu Freundinnen und Freunde. Irgendwann ändert sich das, gehen unsere Verstorbenen ein Stück weiter. Sind dann nicht mehr so nah – dafür aber überall gleich nah zu uns.
IV
Bald werden wir Pfingsten feiern. Die Nähe des Heiligen Geistes, der zu uns kommt. Das ist uns versprochen, schon beim Tauferinnerungsfest letzte Woche haben wir uns darüber gefreut.
Manchmal aber gibt es auch Zeiten, in denen wir sinnvollerweise einfach am Ort bleiben und warten. Nicht in den Himmel starren – da ist nix zu sehen, aber erwartungsvoll unsere Erde zu betrachten, unseren Auftrag zu hören, den Geist dafür zu empfangen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Pfarrerin Dr. Bianca Schnupp
9. Mai 2024
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