Predigt am 15. Sonntag nach Trinitatis 2023 Johanneskirche Erlangen
Genesis 16,1- 6
Pfarrerin Dr. Bianca Schnupp
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen! Amen.
Liebe Gemeinde, der Predigttext für den heutigen Sonntag steht im 1. Buch Mose, im 15. Kapitel:
1 Nach diesen Geschichten begab sich’s, dass zu Abram das Wort des Herrn kam in einer Erscheinung:
Fürchte dich nicht, Abram!
Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn.
2 Abram sprach aber:
Mein Herr JHWH - was willst du mir geben?
Ich gehe dahin ohne Kinder und mein Knecht Eliëser von Damaskus wird mein Haus besitzen. 3 Und Abram sprach:
Mir hast du keine Nachkommen gegeben; und siehe, einer aus meinem Haus wird mein Erbe sein.
4 Und siehe, der Herr sprach zu ihm:
Er soll nicht dein Erbe sein, sondern der von deinem Leibe kommen wird,
der soll dein Erbe sein.
5 Und er hieß ihn hinausgehen und sprach:
Sieh gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen?
Und sprach zu ihm: So zahlreich sollen deine Nachkommen sein!
6 Abram glaubte dem Herrn, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit.
Lasst uns in der Stille um den Segen des Wortes beten.
„Herr, gib mir ein Wort für mein Herz. Und ein Herz für dein Wort. Amen.“
Liebe Gemeinde!
I Sternenmomente
Sternenmomente.
Ich bin noch ein kleines Kind, gerade noch nicht in der Schule, da schaue ich mit meinem Papa den Sternenhimmel an. Wir staunen beide. Sooo viele Sterne! Mein Papa zeigt mir den Polarstern. Der im Norden leuchtet. Der da immer ist, immer Orientierung bietet. Er erklärt mir auch, wie der kleine und der große Wagen gefunden werden können am Sternenhimmel, weil sie sozusagen am Polarstern hängen. Nun, gut, mein Papa hat oft mit uns die Sterne angeschaut und es kann auch sein, dass diese Erklärungen immer wieder kamen ;)
Sternenmomente.
Jedes Jahr im August bleibt unsere Nachbarin, die gerne bald ins Bett geht, länger wach. Und geht sogar mit ihrem Mann nach draußen, wenn die Nächte klar sind. Und wenn es geklappt hat, erzählen sie davon voller Freude: „Wir haben die Perseiden gesehen!“ Diese zahlreichen Stern-schnuppen, ja manchmal sind es richtig, richtig viele, ein wahrer Stern-schnuppen-Strom.
Sternenmomente.
Der klare Nachthimmel mit seinen Sternen ist ein Blick in die Unendlichkeit. In den Kosmos, in die Weite, in die Ewigkeit, in die Schönheit. Wie klein und vergänglich wir sind – und dürfen so etwas Großes schauen!
II Die Bekräftigung des Versprechens
Auch noch ein Kind war ich, als ich sozusagen neben Abram stand und mit Abram in den Himmel schaute und mit Abram auf Gott hörte. So zahlreich sind die Sterne – in solcher Fülle mache ich meine Verheißungen wahr! Wobei ich damals die kunstvolle Dramaturgie der biblischen Redakteure nicht kannte. Für mich war der Aufruf Gottes an Abram, aufzubrechen, wegzugehen in ein neues Land und der Blick in den Sternenhimmel eines. Erst viel später habe ich verstanden, dass zuerst von der Aufgabe erzählt wird „mach dich auf, Abram!“ Diese Aufgabe ist verbunden mit Gottes Versprechen „ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein!“
– ja, immer wieder fordert uns das Leben aufzubrechen, neu zu beginnen, die meisten von uns kennen es auch, in eine andere Stadt zu müssen, aber auch wer immer am Ort bleiben konnte, steht immer wieder vor Veränderungen, vom Kind zum Erwachsenen, von neuer Schule, neuer Arbeit, vom Anpacken müssen und vom Loslassen müssen.
Also, zuerst wird von Abrams Aufbruch erzählt – im hohen Alter – und dann vom Leben im neuen Land mit spannenden Geschichten – und dann erst kommt dieser Blick in den Himmel – und dann wird es nochmal kompliziert, die Sache mit den Nachkommen, es geht nicht einfach so geradeaus, nein, das ist viel kompliziert und schwierig und Abram kriegt auch noch einen neuen Namen, den kennen wir besser „Abraham“.
Also, vor und nach diesem Blick in den Sternenhimmel wird noch viel erzählt. Der Blick in den Sternenhimmel ist so ein gewisser Ruhepunkt, ein Durchschnaufen. Und eben eine Bestätigung von Gott her: Ich habe mein Versprechen an dich nicht vergessen! Schau die Sterne an – in solcher Fülle werden meine Verheißungen wahr!
III Fragen und Sorgen
Es tut gut, an Abrams Seite zu stehen. Zu erleben, wie er mit Gott spricht: Sehr frei. Sehr klar. Ja, er kennt und nennt ihn „mein Herr“ – und dann nennt er den Gottesnamen, also etwa „mein Herr Jahwe“. Es ist Abram klar, dass er zu diesem Gott gehört, Abram lebt in einer Welt, in der es viele, sehr viele und sehr andere Götter gibt und er gehört zu diesem Gott, der ihm Schild ist und Schutz und, ja, Lohn. Das ist das eine. Das andere sagt er aber auch sehr klar: „Was willst du mir geben?“ Ich erwarte nichts von dir, ich habe abgeschlossen, dein Versprechen als du mich zum Aufbruch genötigt hast, ich erwarte nicht, dass du es erfüllst, ich werde kinderlos sterben, ein Fremder wird mein Erbe antreten. Deine Verheißung – ich sehe nicht davon!
Ach, Gott, ja, du bist mein Gott, ich habe keinen anderen und will keinen anderen Gott haben, Ehre sei dir in der Höhe, aber wo, wo bleiben deine Verheißungen, wo bleibt der Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen? Werden die gesättigt, die hungert und dürstet nach Gerechtigkeit? Ich erwarte nur noch, dass die satt werden, die gieren und raffen und ihre Ellenbogen einsetzen.
Klar und resigniert spricht Abram mit Gott.
IV Augen auf – oder: Wie entsteht Vertrauen?
Gott widerspricht. Ruhig widerspricht Gott. Ruhig und klar. Die Verheißungen gelten. Abram, du wirst leibliche Erben haben. Ihr Christenleute, es gilt: Selig, die hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, sie werden satt werden. Es gilt: Friede auf Erden. Ich habe Jesus Christus von den Toten auferweckt, damit in ihm alle das Leben und die Fülle haben sollen.
Und zur Bestätigung: geh raus und schau nach oben. Schau in den Himmel und zähle die Sterne! Kannst du sie zählen? In solcher Fülle werden meine Verheißungen wahr!
So wird Abrams Herz gewonnen. Er vertraut neu. Ach, das Wort „glaubte“, es ist so missverständlich, immer wieder wird es gedeutet als „für wahr halten“ als sei das Gottvertrauen dasselbe wie die Annahme, dass es morgen schönes Wetter wird. Es geht um etwas ganz anderes. Um ein offenes Herz, um Hände, die sich einfach ausstrecken, Hände, die leer sind und sich nach Gott ausstrecken, um ein Herz, das einfach so „ja“ sagt, Ach ja.
V Sternenmomente
Ja, der Sternenhimmel.
Mit großer Freude blättere ich immer wieder in dem reich bebildertem Buch des deutschen Astrophysikers Heino Falcke. „Licht im Dunkeln“ heißt es, im Untertitel: „Schwarze Löcher, das Universum und wir“. Heino Falcke hat in einer großartigen, weltumspannenden wissenschaftlichen Aktion angestoßen. So konnte 2019 das erste Bild eines schwarzen Lochs der Weltöffentlichkeit präsentiert werden. Was er schreibt, lese ich mit leichtem Schwindel. Welche unglaublichen Dimensionen sich da auftun! Heino Falcke ist auch Prädikant in der rheinischen Kirche, sein Glaube hat sich durch all die Forschungen des Weltraums erweitert und vertieft, auch davon lese ich mit Faszination.
Ja, der Sternenhimmel.
Mein Vater, der mir so oft die Sterne gezeigt und erklärt hat, ist nun im Bodelschwingh-Haus hier bei mir untergebracht. Das war keine einfache Entscheidung. Eine gute. Aber schwer. Als der erste Gottesdienst dort für ihn anstand, konnte ich mitgehen. Diakon Wittmann hat diesen Gottesdienst gehalten. Und er erzähle – von Abraham. Der im hohen Alter aufbrechen musste, alles Vertraute zurücklassen musste. Dem Gott versprach: „Gehe nur – ich werde dich segnen und du sollst ein Segen sein!“ Mein Vater war ruhiger nach diesem Gottesdienst – und ich auch.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
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